Nach dem Abgang des designierten Deutsche-Bank-Aufsichtsratschefs Alexander Wynaendts vom niederländischen Versicherungskonzern Aegon geraten nach einem Bericht der F.A.Z. die Modalitäten des damaligen Führungswechsels in die Kritik.
Aegon schweigt sich zum einen über die Höhe von Beraterhonoraren aus, die Wynaendts 2020 noch monatelang erhielt. Zum anderen gewährte der Konzern Wynaendts‘ Nachfolger Lard Friese 1,23 Millionen Euro Begrüßungsgeld. Beides stößt auf Kritik der führenden niederländischen Aktionärsschutzvereinigung VEB. Auf F.A.Z.-Anfrage kündigt sie erstens an, Aegon notfalls auf der Hauptversammlung zur Offenlegung der Vergütung aufzufordern. Zum zweiten spricht sie sich grundsätzlich dagegen aus, einem Neuling im Vorstand ein „Goldenes Hallo“ zu gewähren. „Ein Vorstand hat intrinsisch für eine Position motiviert zu sein“, urteilt der stellvertretende Geschäftsführer Errol Keyner.
Wynaendts tritt im Mai als oberster Deutsche-Bank-Kontrolleur an. Der Niederländer leitete Aegon von 2008 bis 2020; der Führungswechsel gestaltete sich ungewöhnlich: Im November 2018 kündigte der Versicherer simultan an, Wynaendts’ Vertrag mit Wirkung zur Hauptversammlung im Mai 2019 um vier Jahre zu verlängern und während dieser „letzten Amtszeit“ die Nachfolgesuche zu beginnen. Im August 2019 bestellte Aegon Friese, damals Konzernchef des Konkurrenten NN. Er übernahm im Mai 2020 die Führung nach gut zwei Monaten Einarbeitungszeit, so dass Wynaendts eines der vier Jahre seiner planmäßigen Amtszeit absolvierte. Aegon stellte von Beginn an klar, Wynaendts habe keinen Anspruch auf eine Trennungsvergütung. Doch gab es danach noch eine Summe, und deren Höhe wird verschwiegen. „Nach seinem Abtreten als Vorstandsvorsitzender von Aegon ist Herr Wynaendts in der Tat noch einige Monate Berater von Aegon gewesen“, teilte Aegon am Wochenbeginn auf Anfrage der F.A.Z. mit. „Er hat hierfür eine passende Vergütung erhalten. Diese Vergütung ist nicht veröffentlicht worden, weil er damals kein Mitglied des Vorstands mehr war.“ Für weitere Infomationen müsse man Wynaendts fragen.
Das kommt nicht gut an bei der VEB, der Vereinigung von Effektenbesitzern, die heutzutage mit dem Zusatz European Investors auftritt. „Im Zuge guter Unternehmensführung gehe ich davon aus, dass Aegon Transparenz gegenüber den Aktionären anstrebt, was die Vergütung für Alex Wynaendts nach seinem Abgang als Vorstandsvorsitzender angeht“, teilte Keyner mit. „European Investors/VEB wird das, falls nötig, auf der Hauptversammlung ansprechen.“ Kernfrage ist, ob Wynaendts nur monatliche Bezüge in der Dimension eines Vorstandsgehalts erhielt – oder versteckt einen Goldenen Handschlag. Die VEB hofft: Ersteres.
Wynaendts und die Deutsche Bank äußerten sich nicht. Im Umfeld des Managers wird die erste Version genannt. Im Vertrag zur Verlängerung habe ein Passus gestanden, dass nach einem Nachfolger gesucht und der Vertrag möglicherweise dann vorzeitig aufgelöst werde. Als die Nachfolge dann geregelt war, sei es zu Verzögerungen gekommen, Wynaendts habe vier Monate Friese beratend begleitet. Dabei sei er auf Basis der bis dahin gültigen monatlichen Vergütung als Vorstandsvorsitzender bezahlt worden. Konkrete Zahlen wurden allerdings nicht genannt. Weitere Zahlungen gab es demzufolge nicht. Die Kritik der Aktionärsschützer fällt in eine Zeit, in der Anteilseigner aktiver werden als noch vor einigen Jahren.
Eindeutig ist Frieses Antrittsgeld. „Was das Goldene Hallo für Lard Friese angeht, ist European Investors prinzipiell gegen so etwas“, urteilte Keyner. Intrinsische Motivation müsse ausreichen. „Natürlich gehört ein gutes Festgehalt dazu. Boni dürfen daneben einen großen Teil des Belohnungspakets bilden, aber ausschließlich, wenn sie gewährt werden, nachdem – mit vorab bestimmten Kriterien – messbare und sehr gute Leistungen geliefert worden sind.“ Friese bekam laut Geschäftsbericht die 1,23 Millionen Euro im Zuge eines „Anheuer-Arrangements“. „Das sign-on arrangement wurde aus einer Kombination von Gründen angeboten: wegen Herrn Frieses Marktwert; um den Wechsel von einem direkten Wettbewerber zu Aegon attraktiver zu machen; und als Ausgleich für Einkommensverlust während der Übergangszeit.“